TAX - NEWS

Klienteninformation, verfaßt von Mag. Johannes Meller
Ausgabe Nr. 25 vom März 2006

Inhalt:

1.       Fahrtenbuch muß vollständig sein
2.       Finanzmanagement in Familienunternehmen
3.       Leverage Effekt
4.       Aus dem Alltag der Betriebsprüfer:

Ein Unglück kommt selten allein: 
Umsatzzuschätzung bei einer Kfz-Werkstätte

5.       Warren Buffett über Banken, Vermögensverwalter und Hedgefonds

 

1: Fahrtenbuch muß vollständig sein
 "Der deutsche Bundesfinanzhof hat strenge Anforderungen für Fahrtenbücher aufgestellt, mit denen Dienstfahrten nachgewiesen werden sollen. Dafür reichen weder lose Notizzettel, die im nachhinein erstellt worden sind, noch ein Computerausdruck mit einem handelsüblichen Tabellenkalkulationsprogramm. Das ergibt sich aus zwei Urteilen, die die obersten Steuerrichter am Mittwoch in München veröffentlicht haben. Der Begriff des "ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs" ist gesetzlich nicht bestimmt; bisher lagen dazu nur Entscheidungen der unteren Finanzgerichte vor. Ein Fahrtenbuch müsse "zeitnah und in geschlossener Form" geführt werden, befand nun der Bundesfinanzhof. Die Fahrten müßten einschließlich des am Ende erreichten Gesamtkilometerstands "vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang" wiedergegeben werden (Az.: VI R 27/05). Wird das Buch mit einem Programm wie Excel von Microsoft erstellt, müssen nachträgliche Veränderungen technisch ausgeschlossen sein. Anderenfalls muß deren Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offengelegt werden (Az.: VI R 64/04). ..."

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.03.2006, Nr. 52, S. 12

Das bedeutet für Selbständige, daß das Führen eines Fahrtenbuchs mit Excel keine ausreichende Dokumentation des betrieblichen Anteils der KFZ-Kosten darstellt. Eine sichere Anerkennung des betrieblichen Anteils der KFZ-Kosten lt. Fahrtenbuch kann nur mit einem vollständigen händischen Fahrtenbuch erreicht werden.

Ohne Fahrtenbuch schätzt das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung den Privatanteil der KFZ-Kosten, wobei der geschätzte Privatanteil je nach Branche und Ausmaß der beruflichen Auswärtstermine des Selbständigen zwischen 10% und 30% beträgt.

Bei manchen Branchen wird vom Finanzamt nur Kilometergeld als Betriebsausgaben anerkannt, weil die betrieblich gefahrenen Kilometer weniger als 50% der gesamten Kilometerleistung betragen.

 

2: Finanzmanagement in Familienunternehmen
Von Ingo Böckenholt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.01.2006, S. 19

"In diesem Beitrag wird erläutert, welche Kennziffern für nicht börsennotierte Familienunternehmen sinnvoll und geeignet sind. Denn für Familienunternehmen spielt eine ansprechende Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals noch aus einem anderen Grund eine wichtige Rolle. Auf der Basis eines befriedigenden Roce können die Unternehmer jene Wertvorstellungen verwirklichen, die zu den Firmen genauso gehören wie der Profit.

Arbeitsplatzsicherheit, lokales Good Citizenship und ein langfristiger Erhalt des Unternehmens sind so über ein professionelles Finanzmanagement sicherzustellen.

Die Rahmenbedingungen für das Finanzmanagement von Familienunternehmen weichen deutlich ab von den Möglichkeiten und Instrumenten, die börsennotierten Aktiengesellschaften offenstehen. Das Sicherheitsbedürfnis von Eigentümerfamilien ist in der Regel ausgeprägt. Solide und erfolgreich wirtschaftende Familienunternehmen streben deshalb Eigenkapitalquoten von 30 bis 40 Prozent an. Große Publikumsgesellschaften gelten mit durchschnittlichen Quoten von 20 bis 25 Prozent bereits als gut ausgestattet. Und während die börsennotierten Gesellschaften zur Expansion die Kapitalmärkte durch die Ausgabe von Aktien oder Anleihen nutzen, bleibt den Familienunternehmen diese Option zumeist verschlossen. Der Weg an den Kapitalmarkt bedeutet für sie Kontrollverlust und die Aufgabe von Unabhängigkeit.

Wer Herr im Hause bleiben will, muß seine Investitionen also über Rücklagen und den erwirtschafteten Cash-flow stemmen. Auch deshalb sind die finanziellen Spielräume von Familienunternehmen in der Regel enger. Sparsamkeit lautet ihre Maxime. Andererseits ist es eine hervorragende Ausgangssituation für Familienunternehmen, daß deren Finanzmanagement nicht nach kurzfristigen Effekten haschen muß. Keine Hauptversammlung oder Quartalsberichte, Moden oder Analystenmeinungen zwingen die Unternehmensführung zu Entscheidungen, die kurzfristig den Aktienkurs zwar pflegen, langfristig jedoch kontraproduktiv sein könnten. So spielt in gut geführten Familienunternehmen eine mittel- und langfristige Finanzplanung eine wesentlich größere Rolle als in den oft von Ereignis zu Ereignis getriebenen börsennotierten Gesellschaften.
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Familienunternehmen sollten sich in ihrem Finanzmanagement nicht beirren lassen und die höchste Priorität auf die Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals richten. Eine mittel- und langfristige Finanzplanung sollte über diesen höheren Anspruch an den Maßstab der Erfolgsmessung wachen. Die heute relevanten Kennziffern zur Messung der Leistung von Familienunternehmen heißen deshalb ROCE (Return on Capital employed) oder Gesamtkapitalrentabilität, EVA (Economic Value Added) und ERIC (Earnings less riskfree interest charge). Alle drei Kennziffern berücksichtigen eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Sie unterscheiden sich im Anspruchsgrad des Kapitalgebers.

Nur diese Kennzahlen zeigen, ob das Management eines Familienunternehmens erfolgreich gearbeitet hat, und geben den Eigentümern Auskunft, ob ihr Geld in ihrem eigenen Unternehmen wirklich gut angelegt ist. Bei einem ERIC von 0 beispielsweise hätten die Eigentümer ihr Geld auch dem Staat leihen können. Erreicht EVA hingegen die Marke 0, dann sind die Erwartungen der Eigentümer voll erfüllt, werthaltiges Wachstum wurde erreicht.
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Der Glaube, die Mehrzahl der deutschen Familienunternehmen würde ein hier skizziertes, auf Kapitalverzinsung ausgerichtetes Finanzmanagement implementieren, ist falsch. In Wirklichkeit schaut die Mehrheit der Eigentümer in erster Linie auch heute noch auf den Gewinn. Solange halbwegs schwarze Zahlen geschrieben werden, ist für die meisten Gesellschafter die Welt in Ordnung. Obwohl diese Betrachtung natürlich naiv ist und die Existenz des Unternehmens bei der nächsten Krise gefährdet sein kann, reicht das Finanzverständnis vieler passiver, aber auch aktiver Gesellschafter nicht aus, um auf eine langfristige Wertentwicklung etwa durch ROCE zu achten. In gut geführten Familienunternehmen hingegen weiß man, daß ein ROCE von rund 11 Prozent ein gutes Ergebnis ist. Viele an der Börse notierte Unternehmen erreichen diesen Wert nicht. Liegt der ROCE dauerhaft unter diesem Wert, sollte ein kluger Aktionär bei einer Aktiengesellschaft und auch ein Gesellschafter eines Familienunternehmens sich mittelfristig über sein Engagement Gedanken machen. Meiner Einschätzung zufolge dürften von den großen deutschen Familienunternehmen etwa ein Drittel über eine nachhaltige ROCE-Betrachtung verfügen, ein Drittel plant die Einführung dieser Kennziffer als zentrale Steuerungsgröße, und das restliche Drittel denkt nicht konsequent in diese Richtung.

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Der ROCE ist ein ausgesprochen wichtiges Instrument zur Investitionssteuerung: Bei starkem Wachstum muß gerade ein Familienunternehmen, wenn es ein solches bleiben will, auf wirtschaftlich sinnvolle Investitionen achten und einen Rahmen setzen, der auch finanzierbar bleibt. Investitionen sind die Schecks, die auf die Zukunft ausgestellt werden.
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Für Familienunternehmen spielt eine ansprechende Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals aber noch aus einem anderen Grund eine wichtige Rolle. Auf der Basis eines befriedigenden ROCE können die Unternehmer jene Wertvorstellungen verwirklichen, die zu den Firmen genauso gehören wie der Profit. Arbeitsplatzsicherheit, lokale Good Citizenship und ein langfristiger Erhalt des Unternehmens sind so über ein professionelles Finanzmanagement sicherzustellen.

Der Autor ist Mitglied der Geschäftsführung von Dachser und unter anderem für Finanzen zuständig. Das Logistikunternehmen gehört zu 100 Prozent einer Eigentümerfamilie."

 

3. Leverage-Effekt
"Trotz der Vorteile des Eigenkapitals aus dem Gesichtspunkt des Risikos heraus gibt es auch gute Gründe, den Einsatz von Fremdkapital zu bevorzugen. Dies kann aus dem Gesichtspunkt der Rentabilität erfolgen. Ist die Rentabilität des im Unternehmen eingesetzten Gesamtkapitals höher als die Kosten des Fremdkapitals, führt der Einsatz von Fremdkapital zu einer Erhöhung der Rentabilität des Eigenkapitals. Es ist eine "Hebelwirkung" zu beobachte, der sogenannte Leverage-Effekt.

Der Leverage-Effekt findet Niederschlag im Autausch eigener Mittel durch fremde Mittel. Er findet seine Grenze dort, wo die rechenbaren Vorteile der Kapitalsubstitution durch die verbal beschreibbaren Nachteile aufgewogen bzw. überkompensiert werden. Nachteile dieser Art liegen in einem zu starken Einfluß der Fremdkapitalgeber auf die Unternehmensführung, in befürchteten Liquiditätsschwierigkeiten, die sich infolge nicht vorhersehbarer Umsatz- und Gewinnrückgänge einstellen, in der verschlechterten Optik des Bilanzbildes und dgl. mehr. Darüber hinaus kommt es vor, daß der Leverage-Effekt ungenützt bleibt, weil die Unternehmensführungen auf Vergleichsrechnungen, aus welchen sich die Vorteilhaftigkeit der Fremdfinanzierung ableiten ließ, überhaupt verzichten."

(Quelle: Lechner, Egger, Schauer, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 17. Auflage, Seiten 269 f)

Beispiel zum Leverage-Effekt:

 

nur Eigenkapital

zusätzlicher Einsatz von Fremdkapital

Ersatz von Eigen- durch Fremdkapital

Eigenkapital

Fremdkapital

 

FK-Zinssatz

 

Gesamtkapital

Der verfügbare Kapitalbetrag kann mit einer Gesamtkapitalrentabilität

RGK =

investiert werden.

 ERGEBNISSE

Kapitalgewinn

- FK-Zinsen

= Gewinn

REK

Quelle mit Eingabe- und Berechnungsmöglichkeit:

http://www.docju.de/themen/fiwi/finanzierung/leverage.htm

 

4. Aus dem Alltag der Betriebsprüfer:
Ein Unglück kommt selten allein:
Umsatzzuschätzung bei einer Kfz-Werkstätte

 von Dr. Felix Blazina  (Gruppenleiter der Großbetriebsprüfung Wien),
(Quelle: SWK 7/2006 (S 287 f))

Nicht genug, dass man eine Betriebsprüfung über sich ergehen lassen muss, welche das betroffene Unternehmen in der Regel nicht gerade in eine heitere Stimmung versetzt, gesellt sich manchmal noch andere Unbill hinzu, quasi in Erfüllung des Gesetzes der Serie, wie nachstehende Begebenheit demonstriert.

1. Ausgangslage

Ein junger, ambitionierter Finanzer wurde mit der Prüfung eines Autohändlers mit angeschlossener Kraftfahrzeugwerkstätte beauftragt. Der Kollege ging an die Sache generalstabsmäßig heran, indem er unter anderem das so genannte "Brancheninformationssystem" der Finanzverwaltung studierte. Hierbei handelt es sich um eine Datenbank betreffend wirtschaftliches und rechtliches Material verschiedener Branchen (Besonderheiten, übliche Rohaufschläge, Kalkulationsunterlagen, Spezialgesetze, richtungsweisende Erkenntnisse der Höchstgerichte etc.), die auf jedem Laptop der Betriebsprüfer installiert ist. Dort fand der Prüfer auch ein besonderes Kalkulationsschema vor, das ihn auf die Idee brachte, die Leistungserlöse des Unternehmens nachzukalkulieren. Er ermittelte für die gesamte Belegschaft des Betriebes die geleisteten produktiven Arbeitsstunden und multiplizierte die sich ergebende Summe mit jenem Nettostundensatz, der den Kunden in Rechnung gestellt wurde. Der vom Prüfer berechnete Wert lag freilich um einiges über dem vom Unternehmen verbuchten Leistungsumsatz, weshalb der Verdacht hinsichtlich getätigter Schwarzumsätze aufkeimte. Außerdem stießen dem Betriebsprüfer noch unrealistisch hohe Kassastände sauer auf.

2. Schätzungsbefugnis gem. § 184 Abs. 3 BAO

Aufgrund dieser Umstände gelangte der Prüfer zu dem Schluss, dass die im Rechenwerk ausgewiesenen Erlöse nicht mit der Lebenswirklichkeit übereinstimmen können. Zumal das Resultat der Nachkalkulation erheblich von dem in der Buchhaltung ausgewiesenen Umsätzen abwich, war die Annahme der sachlichen Unrichtigkeit der Bücher gerechtfertigt, was eine Schätzungsberechtigung gemäß § 184 Abs. 3 BAO ( kostenpflichtige Quelle zum Gesetzestext ) begründete. Nach der Judikatur des VwGH liegt ein wesentliches Abweichen vom Ergebnis der Buchführung dann vor, wenn der von der Behörde ermittelte Umsatz um mehr als 10 % von der ausgewiesenen Bemessungsgrundlage differiert. Hierbei handelt es sich aber um keine starre Grenze, da ein Unternehmer seine Preiskalkulation frei gestalten kann und muss, um gegebenenfalls auf eingetretene änderungen in der Konkurrenzsituation zu reagieren. Außerdem kann der Abgabepflichtige eine drohende Schätzung noch vermeiden, indem er für die vom Betriebsprüfer festgestellten Differenzen eine plausible Erklärung liefert. Um dem Unternehmer dazu Gelegenheit zu geben bzw. zur Wahrung des Parteingehörs wurde im gegenständlichen Fall auch eine Besprechung abgehalten.

3. Besprechung

Im Zuge dieser Unterredung, die im Büro des Autohändlers im Beisein seines Steuerberaters stattfand, wurden die angedachten Prüfungsfeststellungen vom Prüfer vorgetragen, den zwecks Ausgewogenheit der Kräfteverhältnisse noch sein Gruppenleiter begleitete. Zentrales Thema war natürlich die aufgestellte Kalkulation und die darauf basierende in Aussicht genommene Umsatzzuschätzung. Gefeilscht wurde vor allem bei jenen Variablen, die einen wesentlichen Einfluss auf die produktive Arbeitszeit ausüben, wie Neu- und Gebrauchtwagenaufbereitung, Garantieleistungen, Stehzeiten, Lehrlings- und Unternehmerstunden. Auch die laufend hohen Kassastände kamen aufs Tapet, die der Unternehmer als Charakteristikum seiner Branche und mit seinen Einnahmen aus Autoverkäufen erklärte. Da man sich ohnehin vor Ort befand, forderte der Prüfer den Unternehmer auf, mit einem Kassasturz sogleich den Beweis für seine Behauptung anzutreten. Auf dieses Ansinnen verlor Letzterer etwas die Kontenance und sagte, dass ein Kassasturz zuletzt unter dem Regime des "Adolf" erfolgt sei.

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4. Crash Just in dem Moment, als die heftig geführte Diskussion um Zuschätzung und Kassasturz auf ihrem Höhepunkt wogte, gab es plötzlich in der an das Büro angrenzenden Werkstatt einen heftigen metallischen Knall. Danach herrschte für Sekundenbruchteile absolute Stille, worauf aber umso deutlicher von jemandem mehrere lautstarke Flüche zu vernehmen waren, die hier in deren Wortlaut nicht wiederzugeben sind. übles ahnend sprang der leidgeprüfte Unternehmer mit hochrotem Kopf von seinem Chefsessel auf und eilte in die benachbarte Werksatt. Dort bot sich ihm folgendes Bild: Zwei Autos waren ineinander gekracht, es hatte sich das Paradoxon eines Verkehrsunfalls innerhalb einer Reparaturwerkstatt ereignet. Wie konnte es dazu kommen? Einer der beteiligten Pkw hatte sich zuvor auf der Hebebühne zwecks Erneuerung der Bremsklötze befunden. Danach wurde die Bühne wieder herabgelassen und ein Mechaniker wollte offenbar mit dem Vehikel aus der Werkstatt fahren. Dabei dürfte der gute Mann vergessen haben, gleich nach dem Einsteigen und noch im Fahrzeugstillstand mehrmals das Bremspedal zu betätigen, damit sich die Bremsklötze wieder an die Bremsscheiben anlegen. Dieses Versäumnis hatte zur Folge, dass beim ersten Bremsvorgang absolut keine Bremswirkung vorhanden war und das Kfz ungebremst in ein anderes rauschte, das nach einer vorgenommenen Havariereparatur aus der Lackierbox kommend gerade in neuem Glanz erstrahlte. Der währte jedoch nur kurz. Aufgrund der Feindberührung war der frisch lackierte Pkw wieder ein Fall für den Blechschuster und das zuvor havariefreie Auto ebenfalls. Kein Schaden ohne Nutzen: Wenigstens mussten die beiden beleidigten Kfz nicht weit in eine Werkstatt zur Reparatur fahren.

5. Finale Verständlicherweise machte das Malheur mit den Autos den Unternehmer noch mehr heiß, doch dafür konnte die Betriebsprüfung nun wirklich nichts. Zwar wurde zwecks Befriedung der Situation auf die Vornahme eines Kassasturzes verzichtet, doch mangels handfester bzw. nachvollziehbarer Argumente zur Entkräftung der seitens des Betriebsprüfers schlüssig aufgestellten Kalkulation musste das Unternehmen eine Umsatzzuschätzung hinnehmen


5. Warren Buffett über Banken, Vermögensverwalter und Hedgefonds

Buffetts Familiengeschichten
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.03.2006, Nr. 55, S. 26, Norbert Kuls, Brief aus Wall Street:

"Warren Buffetts jährlicher Brief an die Aktionäre seiner Holdinggesellschaft Berkshire Hathaway hat Kultstatus. Nicht nur, weil neue Details zu seinen Anlagen publik werden, sondern auch, weil der mittlerweile 75 Jahre alte legendäre Investor nicht müde wird, Mißstände anzuprangern. Fast zwei Seiten seines 23 Seiten langen Briefes widmete er diesmal der Gebührenpolitik von Vermögensverwaltern und Hedge-Fonds. Der süffisante Titel des Kapitels: Wie minimiere ich Renditen.

Um die Misere anschaulich zu machen, fordert Buffett die Leser auf, sich eine Familie vorzustellen, die alle amerikanischen Unternehmen besitzt. Dieser Familie gibt er den aussagekräftigen Namen Gotrocks (übersetzt: Habe Steine). Der Reichtum der Gotrocks steigt regelmäßig um den Gewinn, den die Firmen machen. Das geht so lange gut, bis "schnell sprechende Gehilfen" auf den Plan treten, wie Buffett das nennt. Diese Gehilfen motivierten jeden in der Familie, die Verwandten zu überlisten, indem sie Teile ihrer Anlagen kauften und andere verkauften. Die Gehilfen übernehmen natürlich diensteifrig die Abwicklung dieser Transaktionen - gegen eine Gebühr. Der Familie Gotrocks gehören in diesem Stadium zwar immer noch alle Unternehmen. Nur das Gewinnwachstum schwächt sich um die gezahlten Kommissionen ab. Nach einer Weile merkten die meisten der Gotrocks, daß sie nicht sonderlich erfolgreich bei diesem Spiel abschneiden. Zu diesem Zeitpunkt trete ein neuer Typ Gehilfe auf, der jeden der Familienmitglieder überzeugt, daß sie alleine nie den Rest der Familie überlisten könnten. Die Lösung: "Stelle einen Vermögensverwalter an - ja, uns - und lasse die Arbeit professionell erledigen", schreibt Buffett. Die Verwalter beschäftigten allerdings weiterhin die erste Gattung Gehilfen, um die Transaktionen abzuwickeln. Die Folge: Die Familie zahlt noch mehr Gebühren. Die Gotrocks werden immer frustrierter. Das führe zum Auftritt von Finanzplanern und Beratern, die Ratschläge für die Auswahl von Vermögensverwaltern machen - gegen eine Gebühr natürlich. Schließlich erscheint eine vierte Gruppe. Buffett nennt sie die über-Gehilfen und meint damit Hedge-Fonds und Beteiligungsgesellschaften (Private Equity). Diese freundlichen Leute erklären den Gotrocks, daß die ersten drei Gehilfen nicht ausreichend motiviert wären. Vor Selbstvertrauen sprudelnd, machten sie geltend, daß die Familienmitglieder riesige Gewinnbeteiligungen zusätzlich zu strengen Festgebühren berappen müßten, um ihre Verwandten "wirklich" auszumanövrieren. Buffetts Fazit: Eine Rekordsumme der Unternehmensgewinne, die vollständig in die Taschen der Anleger geflossen wäre, "wenn sie in ihren Schaukelstühlen sitzen geblieben wären", wird zu einer wachsenden Armee dieser Gehilfen umgeleitet. Buffett schätzt, daß die Renditen für amerikanische Aktionäre so insgesamt um 20 Prozent geschwächt werden.

Besonders teuer kommen Anleger Arrangements zu stehen, bei denen Fonds zwar große Teile des Gewinns kassieren, bei Verlusten aber die Anleger voll belasten - zusätzlich zu den Fixkosten. Das mache es möglicherweise akkurater, die Familie Gotrocks als Hadrocks (Hatte Steine) zu bezeichnen, resümiert Buffett. Buffett ist bekannt dafür, Aktien lange zu halten. Für den zweitreichsten Mann der Vereinigten Staaten hat sich das ausgezahlt. Der Kurs von Berkshire Hathaway (Class A) ist in der vergangenen Woche um 0,6 Prozent auf 87 490 Dollar gestiegen. Der breitgefaßte Marktindex S&P 500 hat 0,2 Prozent nachgegeben - ohne Berücksichtigung von Gebühren."