TAX - NEWS

Klienteninformation, verfaßt von Mag. Johannes Meller
Ausgabe Nr. 11 vom Juli 2002

 
 

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1. Arbeitsrechtliche Bestimmungen

1.1) Geltungsbereich:Die Abfertigung neu gilt für Angestellte, Arbeiter und Lehrlinge. Auch geringfügig Beschäftigte und Teilzeitbeschäftigte sind erfaßt. Die Abfertigung neu gilt für befristete und unbefristete Arbeitsverhältnisse.

Ausgenommen sind freie Dienstverträge, Beamte und Arbeitnehmer von Ländern und Gemeinden. Eigene Regelungen gibt es für Arbeitnehmer nach dem Vertragsbediensteten-gesetz.

Obwohl das "Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz" bereits mit 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist, ist es erst auf Arbeitsverhältnisse anzuwenden, die ab dem 1. Jänner 2003 beginnen.


1.2) Beitragssatz, Beginn der Beitragszahlung, Fälligkeit:

Der Beitragssatz beträgt 1,53% des monatlichen Bruttogehalts oder Bruttolohns zuzüglich allfälliger Sonderzahlungen. Für die Beiträge gibt es — anders als für die Sozialversicherungsbeiträge - keine Geringfügigkeitsgrenze oder Höchstbeitragsgrundlage.

Der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses ist jedenfalls beitragsfrei. Etwaige vereinbarte Probezeiten sind nicht zu berücksichtigen. Die Beitragspflicht beginnt mit Monatsersten des zweiten Monats des Arbeitsverhältnisses, auch bei späterem Beginn des Arbeitsverhältnisses als zum Monatsersten.

Die Fälligkeit entspricht der Fälligkeit der übrigen Beiträge an die WGKK und liegt am 15. des Folgemonats mit drei Tagen Respirofrist für die Zahlung.

Die erste Zahlung von Beiträgen erfolgt für die am 1. Jänner 2003 eintretenden Dienstnehmer, das erste Monat ist beitragsfrei, die Beiträge für 02/2003 sind also erstmals bis 15.3.2003 fällig.

1.3) Mitarbeitervorsorgekassen und Auswahl einer MV-Kasse

Der Beitrag wird von der zuständigen Gebietskrankenkasse eingehoben und nach Abzug von 0,3% Verwaltungskosten an die ausgewählte MV-Kasse weitergeleitet. Mit der Bildung der ersten MV-Kassen ist ab September zu rechnen. Erwartet werden MV-Kassen der 7 überbetrieblichen Pensionskassen und 3 weitere MV-Kassen.

MV-Kassen sind in jeder Hinsicht steuerbefreit: sie bezahlen keine Körperschaftsteuer, keine Kapitalertragsteuer, keine Versicherungssteuer und keine Umsatzsteuer.

In Betrieben ohne Betriebsrat hat der Arbeitgeber "rechtzeitig" eine MV-Kasse auszuwählen und dann innerhalb von einer Woche alle Arbeitnehmer von der Auswahl schriftlich zu informieren. Wenn ein Drittel der Arbeitnehmer innerhalb von zwei Wochen schriftlich Einwände erhebt, hat der Arbeitgeber eine andere MV-Kasse vorzuschlagen.

1.4) Entgeltfreie Zeiten

Auch während der Zeit des Präsenz- oder Zivildienstes und der Zeit, für die Kranken- oder Wochengeld gewährt wird, ist der Arbeitgeber zur Beitragszahlung verpflichtet. Hingegen übernimmt der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) während der Zeit der Bildungskarenz, Familienhospizkarenz und während der Zeit, für die Kinderbetreuungsgeld gewährt wird, die Beiträge. Basis für die 1,53% Beiträge ist das Wochengeld, Krankengeld oder das Kinderbetreuungsgeld.

1.5) Wie kann der Dienstnehmer über die Abfertigung disponieren?

Der Abfertigungsanspruch bleibt bei der Abfertigung neu unabhängig von der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten.

Der Anspruch auf Auszahlung der Abfertigung besteht hingegen nur unter zwei kumulativen Voraussetzungen:

1)      Es liegen mindestens 3 Einzahlungsjahre vor und

2)      das Dienstverhältnis endet durch Kündigung durch den Dienstgeber, einvernehmliche Auflösung, unverschuldete Entlassung oder berechtigten vorzeitigen Austritt.

Der Auszahlungsanspruch besteht darüber hinaus jedenfalls dann, wenn

der Dienstnehmer das Anfallsalter für eine vorzeitige Alterspension (56,5 Jahre für Frauen, 61,5 Jahre für Männer) erreicht hat oder

bei Vollendung des 60. Lebensjahres, sofern kein Anspruch auf eine gesetzliche Pension besteht oder

wenn der Arbeitnehmer seit mindestens 5 Jahren in keinem Dienstverhältnis mehr steht, aufgrund dessen Beiträge nach dem MV-Gesetz zu leisten sind.

Dispositionsmöglichkeiten: Der Dienstnehmer kann 

a) die Auszahlung des Betrages verlangen, allerdings nur, wenn die oben beschriebenen Voraussetzungen vorliegen
b) den gesamten Betrag bis zum Erreichen des Anfallsalters für eine vorzeitige Alterspension
 in der bisherigen MV-Kasse weiter veranlagen
c) die übertragung der Abfertigung von der bisherigen MV-Kasse in die MV-Kasse des neuen Dienstgebers verlangen
d) die überweisung des gesamten Betrages an ein Versicherungsunternehmen für eine vom Dienstnehmer nachweislich abgeschlossene Pensionszusatzversicherung
e) die überweisung des Betrages an ein Kreditinstitut zum Zweck des Erwerbs von Anteilen an einem Pensionsinvestmentfonds durch Abschluß eines unwiderruflichen Auszahlungsplanes verlangen

f) den Abfertigungsbetrag an eine Pensionskasse übertragen.

Im Todesfall des Arbeitnehmers bleibt die Abfertigung den unterhaltsberechtigten gesetzlichen Erben (Ehepartner und/ oder Kinder) erhalten. Sind keine solchen Erben vorhanden, fällt die Abfertigung in die Verlassenschaft.

2. Steuerrechtliche Bestimmungen

2.1 Arbeitgeber-Beiträge an MV-Kassen

Laufende Beiträge und übertragungsbeträge beim Wechsel vom System Abfertigung alt auf Abfertigung neu sind beim Arbeitgeber jedenfalls Betriebsausgaben.

Soweit die laufenden Beiträge nicht mehr als 1,53% des Bruttogehalts betragen und der übertragungsbetrag nicht größer als der gesetzliche bzw. kollektivvertragliche Abfertigungsanspruch ist, unterliegen die laufenden Beiträge und der übertragungsbetrag weder der Sozialversicherung noch der Lohnsteuer noch den Lohnnebenkosten.

2.2 Auszahlung von Abfertigungen

Die Auszahlung von Abfertigungen neu unterliegt ebenso wie die Auszahlung von Abfertigungen alt einer 6%igen Lohnsteuer.

Der steuerliche Anreiz für den Dienstnehmer, eine Pensionskasse, Pensionszusatzversicherung oder einen Pensionsinvestmentfonds statt der Auszahlung zu wählen, liegt in der Ersparnis der 6% Lohnsteuer.

Dabei ist jedoch zu bedenken, daß im Todesfall im Rahmen der Hinterbliebenenvorsorge nur Witwen, Witwer, (eheliche, uneheliche und adoptierte) Kinder und Lebensgefährt(inn)en zum Kreis der Begünstigten zählen. Diese Hinterbliebenenvorsorge muß zum Teil extra vereinbart werden. Wenn ein Anwartschaftsberechtigter vor Antritt seiner Alterspension oder nach wenigen Jahren der Leistungsphase verstirbt und keine Hinterbliebenen im obigen Sinn hat, so kommt das verbliebene Deckungskapital den anderen Anwartschafts- und Leistungsberechtigten der "Versicherungsgemeinschaft" zugute.

Die Steuerfreiheit wird also um den Preis der eingeschränkten Verfügungsmacht erkauft.

2.3 Steuervorteil für Arbeitgeber

Nur im Wirtschaftsjahr, das nach dem 31.12.2002 endet, ist die steuerfreie übertragung der gesamten Abfertigungsrückstellung auf das Kapitalkonto (bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften) bzw. auf eine versteuerte (freie) Rücklage (bei Kapitalgesellschaften) möglich.

Bei einem Einnahmen-Ausgaben-Rechner, der ja kein bilanzielles Kapitalkonto hat, führt die Auflösung der angesammelten Vorsorge für Abfertigungen zu einer steuerfreien Betriebseinnahme.

Im Fall der steuerfreien übertragung kann ab diesem Wirtschaftsjahr keine steuerrechtliche Abfertigungsrückstellung mehr gebildet werden.

Schon bisher konnten 50% der fiktiven Abfertigungsansprüche im Wege der Zuweisung zur Abfertigungsrückstellung als Betriebsausgabe geltend gemacht werden.

Die wesentliche Neuerung besteht nun darin, daß nach der steuerfreien übertragung der Abfertigungsrückstellung auf das Kapitalkonto die Auszahlung von Alt-Abfertigungen gleichmäßig verteilt auf 5 Jahre "zusätzlich" als Betriebsausgabe abgesetzt werden kann.

Ebenfalls zusätzlich verteilt auf 5 Jahre abgesetzt werden kann die ausverhandelte Einmalprämie an eine MV-Kasse. Es entfällt somit die im vorhergehenden Gesetzesentwurf enthaltene Gegenverrechnung dieser Aufwendungen mit dem Kapitalkonto bzw. der freien Rücklage.

Dadurch soll ein Anreiz für eine übertragung der Alt-Abfertigungen auf die Abfertigung neu geschaffen werden. "Die Presse" hat das wie folgt kommentiert: "Hauptgrund für die Maßnahme dürfte der hohe Verwaltungsaufwand der MV-Kassen sein, der vor allem bei einem langsamen Aufbau des Systems auf den Renditen lastet. Mit der jetzigen Regelung soll ein hohes Startkapital für die MV-Kassen zustandegebracht werden."

Variante A) Teilumstieg: Rückstellung kann 2003 steuerfrei aufgelöst werden.

Variante B) Totalumstieg: Einmalprämie ist Betriebsausgabe auf 5 Jahre verteilt (auch bei Sofortzahlung), Rückstellung kann 2003 steuerfrei aufgelöst werden.

Variante C): Fortbestand alter Ansprüche, für neue Mitarbeiter zahlt der Unternehmer ab 2003 in die MV-Kasse. Rückstellung kann 2003 steuerfrei aufgelöst werden.

Die steuerfreie Rückstellungsübertragung ist also jedenfalls möglich und sie ist eine Option: Der Dienstgeber überträgt im Jahr 2003 oder er überträgt nicht. überträgt er nicht, dann entfällt zukünftig auch die Fünftelverteilung: die Abfertigungszahlungen sind dann jeweils zur Gänze Sofortaufwand.

Die steuerfreie Rückstellungsübertragung ist zu empfehlen, wenn die Mitarbeiterfluktuation im Unternehmen hoch ist. Wenn die Mitarbeiter hingegen wahrscheinlich bis zum Pensionsalter im Unternehmen bleiben, ist es möglicherweise steuerlich günstiger, die Rückstellungen zu behalten und weiterlaufend mit den Gehaltssteigerungen zu dotieren.

Eine Berechnung und Gegenüberstellung der Varianten gibt darüber Aufschluß, welche Variante steuerlich vorteilhaft ist.

2.4 Abfertigungsrückstellung und Wertpapierdeckung

Bei Fortbestand das System der Abfertigung alt beibehalten wird oder wenn die Teiloption des übertritts in das System der Abfertigung neu gewählt wird, sind die Rückstellungen für Alt-Abfertigungsanwartschaften weiterzuführen. Im Wirtschaftsjahr, das nach dem 31.12.2002 endet, beträgt die steuerrechtliche Abfertigungsrückstellung nur noch 47,5% der fiktiven Ansprüche, für die folgenden Wirtschaftsjahre 45%. Diese Regelung führt zu einer teilweisen Periodenverschiebung des Abfertigungsaufwands auf das Jahr der Abfertigungszahlung.

Für Arbeitnehmer, die am Bilanzstichtag das 50. Lebensjahr vollendet haben, dürfen weiterhin 60% der Abfertigungsansprüche rückgestellt werden.

Die erforderliche Wertpapierdeckung vermindert sich im ersten Wirtschaftsjahr, das nach dem 31.12.2002 endet, auf 40% der Abfertigungsrückstellung, in den Folgejahren jeweils nochmals um 10% und fällt dann ganz weg.

3. Was Arbeitgeber bis 31.12.2002 entscheiden müssen:

3.1  Wollen Sie Ihren Arbeitnehmern, die zum 30.6.2002 bereits angestellt waren, einen Umstieg anbieten? Wenn ja, wann?

Vorteile der Abfertigung neu für den Arbeitgeber:

Kleine Beiträge statt Zukunftslast: Mit der Beitragsleistung sind in Zukunft für den Arbeitgeber alle Abfertigungsverpflichtungen erfüllt.

Zahlungsschwierigkeiten vermieden: Durch die monatlichen Beitragsleistungen werden in Zukunft existenzielle Zahlungsschwierigkeiten infolge von gehäuften Abfertigungszahlungen vermieden (Betriebsnachfolge, Betriebsübergabe).

Am 31. Dezember 2002 bereits bestehende Arbeitsverhältnisse werden grundsätzlich nicht berührt. Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die einen übertritt in das neue System vorsieht, ist jedoch zulässig. Für bestehende Dienstverhältnisse gibt es drei Varianten:

A) Teilumstieg: übertritt mit Einfrieren der Altabfertigungsanwartschaften

Die bis zum Stichtag des Systemwechsels (31.12.2002 oder später; ein Umstieg vom alten in das neue System ist bis Ende 2012 möglich) angefallenen Abfertigungsansprüche werden eingefroren, ab dann bezahlt der Arbeitgeber monatlich 1,53% an die MV-Kasse.

B) Totalumstieg: übertritt mit übertragung bisheriger Altabfertigungsanwartschaften in die MV-Kasse

Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren schriftlich die übertragung von Abfertigungs-anwartschaften — gegen eine Einmalprämie, die der Höhe nach unabhängig von gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Bestimmungen ist— zu einem bestimmten Stichtag. Die Einmalprämie kann auch auf 5 Jahre gleichmäßig verteilt an die MV-Kasse bezahlt werden, das ist zu empfehlen, da die Einmalprämie auch bei Sofortzahlung nur in Fünftelbeträgen innerhalb von 5 Jahren eine Betriebsausgabe darstellt.

C) Fortbestand: Wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einigen können oder ein übertritt gar nicht überlegt wird, bleibt die alte Abfertigungsregelung aufrecht.

Wenn ja, Kalkulation des Angebots für den jeweiligen Mitarbeiter

Bei der überlegung, welche Umstiegskonditionen der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern bieten kann, ist eine Einteilung der Mitarbeiter in Gruppen sinnvoll, und zwar nach Dienstjahren. Die Erfahrung zeigt, daß die Fluktuation bei Mitarbeitern mit kurzer Betriebszugehörigkeit am höchsten ist. Mitarbeitern vom ersten bis zum 3. Dienstjahr wird ein Dienstgeber bei einem übertritt wenig bis gar kein Kapital zur übertragung anbieten. Diese Mitarbeiter haben ja auch nach geltendem altem Abfertigungsrecht noch keinen Abfertigungsanspruch.

Als Orientierungshilfe bietet die Wirtschaftskammer Ihren Mitgliedern unter www.wko.at den sogenannten "e-consulter", einen elektronischen Umstiegsratgeber für bestehende Dienstverhältnisse zur Abfertigung neu an. Der Arbeitgeber muß seine Mitgliedsnummer und seinen PIN-Code eingeben, um dieses Service nutzen zu können.

Bestimmte Kennzahlen, wie die Liquidität, die vorhandenen Rückstellungen und die Fluktuation in seiner Branche, muß der Unternehmer kennen. Mit diesen Kennzahlen wird berechnet, welches Umstiegsangebot sich der Unternehmer für den konkreten Mitarbeiter leisten kann.

3.2  Wollen Sie Arbeitnehmern, die im 2. Halbjahr 2002 in Ihre Firma eintreten, einen Umstieg ab 1.1.2003 anbieten?

Wenn ja, Klauseln für die Dienstverträge ausarbeiten

3.3  Welche MV-Kasse sollen Sie wählen?

Einbindung der Mitarbeiter in die Entscheidung.

Die Verwaltungskosten, welche die MV-Kassen von den eingezahlten Beträgen abziehen dürfen, sind gesetzlich mit zwischen 1% und 3,5% festgelegt. Die Höhe der Verwaltungskosten muß im angebotenen Beitrittvertrag zur MV-Kasse bekanntgegeben werden.

MV-Kassen müssen eine 100%ige Kapitalerhaltungsgarantie geben. Das erhöht einerseits die Sicherheit der Veranlagung, schränkt aber andererseits die Veranlagungsmöglichkeiten ein.